Retro-Ecke: Die Diskette – eine kleine Anekdote
Gestern stand meine kleine Schwester vor mir und hielt mir ein „Ding“ vor das Gesicht. Dazu ein fragendes Gesicht. Was ist das und für was braucht man das? Ich konnte recht schnell Abhilfe schaffen, denn zum Glück bin ich in dem Fall alt genug um zu erkennen, dass es eine Diskette war. Sie hat in ihrem Leben dieses „Ding“ noch nie benötigt. Mancher wird sagen – Schade – und mancher wird sagen – zum Glück. ►
Geschichte
Disketten waren zwischen 1980 und 1995 recht populär. Fast jeder Rechner hatte ein Diskettenlaufwerk (der Hinweis, dass auch Commodore Amiga Computer ein 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk hatten, muss sein. Ja und auch der Atari ST hat so ein Laufwerk). In der Regel nutzte man die 3,5 Zoll Disketten mit sagenhaften 1,44 MB Datenvolumen. Zum Vergleich: Ein Foto mit dem Handy in 4 Megapixel passt mit etwas Glück gerade so auf eine 3,5 Zoll Diskette. Das Produkt Microsoft Office Professional 4.3, welches ab 1994 erhältlich war, wurde auf insgesamt 32 Disketten ausgeliefert. Ein Schuhkarton voller Disketten.
Selbst bis Mitte der 2000er waren Disketten noch anzutreffen. Kunden haben Ihre Zahlungsverkehrsdateien zusammen mit dem Begleitzettel bei der Sparkasse abgegeben. Die Dateien auf den Disketten wurden ausgelesen nach einer Prüfung der Unterschrift auf dem Begleitzettel ausgeführt. Und natürlich gab es mehr als eine Diskette mit Fehlern. Nicht lesbare Disketten (der Schwachpunkt, da empfindlich auf magnetische Strahlung) wurden aussortiert und Mitarbeiter der Sparkasse mussten den Kunden darüber informieren. Die Kunden waren über diesen Anruf selten erfreut: bis die neue Diskette erstellt und abgegeben war vergingen oft 2 Bankarbeitstage. Die Zahlungen haben sich entsprechend verzögert. Übrigens wurden die Disketten der Kunden vernichtet. Es galt zu vermeiden, dass fremde Personen die Dateien einsehen und evtl. verändert weiter verwenden. Löschen der Datei oder das Formatieren der Diskette war nicht sicher genug. Da kam im Jahr ein nicht zu verachtender Berg zusammen.
Als die Disketten nach und nach gegen USB-Sticks ersetzt wurden, hat die Abgabe von Zahlungsverkehrsdateien spürbar nachgelassen. Zu Beginn versuchten Kunden die zum Teil kostspieligen USB-Sticks abzugeben. Diese konnten aber nicht vernichtet werden und sind auch anfangs an den Kunden zurückgegeben worden. Der Aufwand war aber so nicht tragbar.
Alternative
Zum Glück gibt es schon seit Jahren eine vernünftige Alternative. Die Übermittlung von Zahlungsverkehrsdateien geht wunderbar per Online-Banking über die Internetfiliale mit der Datei-Übergabe.
Alles was man braucht ist ein entsprechender Online-Zugang und eine Zahlungsverkehrsdatei. Diese Dateien werden normalerweise aus Verwaltungsprogrammen erstellt, wie z.B. Buchhaltungssoftware oder Warenwirtschaftssystemen ohne eigenes Bankenmodul.
Im Vergleich zur Diskette ist die Übermittlung schneller und sicherer geworden. Die Diskette spielt heute keine wichtige Rolle mehr, auch wenn sie noch in seltenen Fällen gebraucht wird. Meine Schwester wird sie sicherlich nicht vermissen, fällt es ihr auch schwer zu glauben, dass man früher einen Stapel Disketten benötigt hat, um Dateien von A nach B zu bekommen, denn auch das Internet gab es so wie heute nicht.
Nachdem mir meine Schwester die Disketten gelassen hat, konnte ich es mir nicht verkneifen sie in mein Laufwerk A: zu legen um sie zu formatieren. Der Klang des Laufwerks hat mir tatsächlich etwas gefehlt. ☺
Ein Beitrag von Jochen Franz
Schreibe einen Kommentar