Volkswirtschaft Prognosen April 2025
Die US-Zollpolitik wirbelt die Weltwirtschaft durcheinander und erhöht die wirtschaftliche und politische Unsicherheit auf globaler Ebene.
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US-Zollzug nimmt Fahrt auf
Mit der Ankündigung von umfassenden und faktisch alle Handelspartner betreffenden Zollerhöhungen hat die US-Regierung am 2. April bestätigt, dass Zölle inzwischen ein integraler Bestandteil ihrer wirtschaftspolitischen Agenda sind. Zwar dienen Zölle weiterhin auch als Verhandlungsmasse für Vereinbarungen mit einzelnen Ländern. Letztendlich steckt aber hinter der neuen US-Handelspolitik eine Strategie, bei der die Re-Industrialisierung der US-Volkswirtschaft und zusätzliche Zolleinnahmen die wichtigsten Rollen spielen. Es wird weiter an der Protektionismus-Spirale gedreht, der Welthandel wird unübersichtlicher, die Verunsicherung steigt.
Kurzfristig überwiegen für die US-Volkswirtschaft die negativen Effekte der Zölle. Absehbar höhere Inflationsraten lassen die Notenbank Fed langsamer die Zinsen senken. Spürbar ist überdies eine Verunsicherung bei US-Unternehmen, die ihre Investitionstätigkeit dämpfen dürfte. Über den gesamten Prognosehorizont bis Ende 2026 ist mit einer merklich schwächeren US-Konjunktur zu rechnen. Auf die europäische Konjunktur dürften sich die Zoll-Auswirkungen in Grenzen halten, sofern es nicht zu einer Zoll-Gegenzoll-Spirale kommt. Immerhin gibt es in Euroland mit den großen deutschen Finanzpaketen für Infrastruktur und Verteidigung aus konjunktureller Sicht positive Gegenbuchungen.
So haben sich in den letzten Wochen die relativen Perspektiven verschoben: Kapital ist aus den USA nach Europa geflossen, was sich in höheren europäischen Aktienmarktindizes sowie einem festeren Euro niedergeschlagen hat. Die Inflation ist nahe dem Zielbereich der Europäischen Zentralbank, und die EZB dürfte wohl schon zur Jahresmitte 2025 ihr neutrales Leitzinsniveau erreicht haben. An den Börsen sollte die hohe Unsicherheit in den kommenden Wochen an ausgeprägten Kursschwankungen abzulesen sein. Da wir insgesamt weiterhin von einer widerstandsfähigen Weltwirtschaft ausgehen, rechnen wir aber damit, dass die Aktienmärkte in absehbarer Zeit wieder zu ihrem Aufwärtstrend zurückkehren.
Deutschland
Die US-Regierung stößt Staatsoberhäupter, verbündete Staaten und Unternehmen weltweit vor den Kopf. Damit geht ein dramatischer Anstieg der globalen Unsicherheit einher, die auf der konjunkturellen Entwicklung lastet. Die jüngst für alle Länder eingeführten Auto-Zölle bringen für sich genommen die deutsche Volkswirtschaft noch nicht aus dem Tritt. Große Schritte vollführt sie aber aktuell ohnehin nicht. Vielmehr sieht es aus, als ob das erste Quartal nur ein bescheidenes Wachstum bringen könnte. Die Stimmungsumfragen könnten in den kommenden Wochen wieder verhaltener ausfallen, denn die Euphorie nach dem Beschluss der Fiskalpakete scheint verflogen und einer Ernüchterung gewichen zu sein.
Euroland
Die Stimmung im Euroraum hat sich etwas aufgehellt. Das vereinbarte umfangreiche deutsche Fiskalpaket konnte bislang keine Aufbruchstimmung entfachen, und die US-Handelspolitik erhöht die Unsicherheit für die Unternehmen. Insofern dürfte es im ersten Quartal 2025 bei einer gedämpften wirtschaftlichen Entwicklung geblieben sein. Der europäische Arbeitsmarkt kann dies leicht verkraften, denn es herrscht weiterhin Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote lag im Februar bei 6,1 %. Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Europäischen Währungsunion. Unter den vier großen EWU-Ländern sind die Arbeitslosenquoten sehr unterschiedlich. Sie lagen in einer Spanne von 3,5 % in Deutschland bis 10,4 % in Spanien. Dazwischen reihen sich Italien (5,9 %) und Frankreich (7,4 %) ein.
USA
Die kurzfristigen Wachstumsperspektiven haben sich weiter verschlechtert. Dies liegt in erster Linie an weiteren Zolldrohungen. So dürften Anfang April die Zölle für Importe von Automobilien sowie Anfang Mai für Autoteile um 25 Prozentpunkte ansteigen. Weitere Maßnahmen gegenüber allen US-Handelspartnern werden Anfang April vorgestellt. Nach einem witterungsbedingten Fehlstart in das Jahr folgte eine unzureichende Erholung im Februar. Damit rutscht die Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal in den Stagnationsbereich. Wir unterstellen weiterhin ein Soft Landing-Szenario, aber die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine durch Verunsicherung induzierte Abwärtsspirale die Volkswirtschaft in eine Rezession führt.
Europäische Zentralbank / Geldmarkt
Indem die EZB bei ihrer Ratssitzung im März die Geldpolitik als bereits erheblich weniger restriktiv bezeichnete, gab sie zu verstehen, dass die Zahl der noch folgenden Zinsschritte wahrscheinlich begrenzt ist. Zudem betonten einige Notenbanker, dass ihre Entscheidung beim nächsten Treffen am 17. April noch offen sei. Allerdings plädierten nur wenige von ihnen ausdrücklich dafür, mit der Senkung der Leitzinsen zu pausieren. Vielmehr ist unser Eindruck, dass eine Mehrheit der Ratsmitglieder die noch beabsichtigte Lockerung möglichst zügig umsetzen will, um dadurch die erhöhten Risiken des wirtschaftlichen Ausblicks abzumildern. Wir erwarten deshalb Zinsschritte von jeweils 25 Basispunkten im April und Juni. Anschließend dürfte die EZB den Einlagensatz jedoch nicht unter 2,0 % senken. Trotz der zuletzt günstigen Inflationsdaten ist die Gefahr, das Inflationsziel dauerhaft zu unterschreiten, eher gering. Zudem deutet die Belebung der Kreditvergabe in den vergangenen Monaten darauf hin, dass die Geldpolitik schon jetzt nicht mehr weit von einer neutralen Ausrichtung entfernt ist.
Rentenmarkt Euroland
Die kurzfristigen Erwartungen an den Rentenmärkten werden vor allem von der Zollthematik und den daraus resultierenden konjunkturellen Abwärtsrisiken bestimmt. Demgegenüber werden die längerfristigen Erwartungen stärker von den Ausgabenplänen insbesondere der Bundesregierung geprägt. Die Folge dieser beiden divergierenden Einflüsse ist eine steile Bundkurve, die sich unseres Erachtens mittelfristig jedoch etwas verflachen sollte. Wir gehen nicht davon aus, dass die EZB den Einlagensatz unter 2 % senken wird, sodass die Renditen kurzlaufender Bundesanleihen nur noch wenig Spielraum nach unten besitzen. Gleichzeitig sollten nachlassende Inflationserwartungen und eine Ernüchterung über die längerfristigen Wachstumseffekte der Ausgabenprogramme die Renditen am langen Ende noch etwas weiter zurückgehen lassen.
Rentenmarkt USA
Nach einem Rückgang der Renditen für US-Staatsanleihen im Februar folgte im März eine volatile Seitwärtsentwicklung. Das Problem für den Rentenmarkt und dessen weiteren Ausblick ist, dass das grundsätzlich gehandelte Basisszenario „schwaches Wirtschaftswachstum gepaart mit einer zeitlich befristet zu hohen Inflation“ an Wahrscheinlichkeit verloren hat. Stattdessen rücken die beiden Randszenarien „viel zu hohe Inflation“ versus „kein Wirtschaftswachstum“ in den Fokus. Ersteres spräche dafür, dass die Fed erst im kommenden Jahr wieder eine Leitzinssenkung beschließen kann. Im zweiten Risikoszenario müsste man zeitnahe Leitzinssenkungen wenigstens in den geldpolitisch neutralen Bereich unterstellen. Die Fed scheint sich (mit Ausnahme von Leitzinserhöhungen) derzeit alle Optionen offenzuhalten.
Aktienmarkt Deutschland
Deutsche Aktien verzeichneten im ersten Quartal Kursgewinne. Die fiskalpolitische Zeitenwende und Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in der Ukraine waren die wichtigsten Treiber. Nun wird es wichtig, dass beide Hoffnungen erfüllt werden. Die Verhandlungen zwischen den USA, Russland und der Ukraine gestalten sich bisher erwartungsgemäß schwierig, und in Deutschland müssen nun die massiven Fiskalprogramme für Rüstung und Infrastruktur sinnvoll ausgestaltet werden. Wenn die künftige Regierung keine wirtschaftspolitische Wende einleitete, könnten die Aktienmärkte enttäuscht reagieren. Deregulierung, Steuersenkungen und geringere Energiekosten wären einige hilfreiche Maßnahmen. Zudem darf es zu keinen allzu starken konjunkturellen Belastungen durch US-Importzölle kommen. Spätestens am 22. April, wenn das Schwergewicht SAP seine Quartalszahlen meldet, rückt dann in Deutschland auch die Quartalsberichtssaison in den Marktfokus. Etwaige Schwächephasen bieten sich aufgrund der langfristig guten Aussichten, moderater Bewertungen und solider Dividendenrenditen für Zukäufe an.
Unternehmensanleihemarkt Euroland
Europäische Unternehmensanleihen haben lange Zeit den trüben Konjunkturaussichten und dem aufziehenden Zollkrieg getrotzt und sich erstaunlich stabil auf niedrigen Spread-Niveaus gehalten. Mit der Umsetzung der Zollmaßnahmen gegen Autoimporte wurde den Marktteilnehmern aber offensichtlich etwas klarer, wie ernst es Präsident Trump mit seiner neuen Wirtschaftspolitik ist. Zusammen mit nochmals nachgebenden Aktienkursen sind nun auch die Risikoaufschläge von Corporates leicht unter Aufwärtsdruck geraten. Gleichzeitig ist die Euphorie über die angekündigten Investitionsprogramme in Deutschland und deren Auswirkungen auf die gesamte Eurozone ein wenig eingebremst worden. In Erwartung weiterer Leitzinssenkungen der EZB sowie mit Beginn der Investitionsprogramme sollte sich die Stimmung aber wieder verbessern.
Devisenmarkt: EUR-USD
Nachdem der Euro Anfang März rasant von 1,04 bis auf 1,09 USD aufgewertet hatte (Ankündigung des großen Fiskalpakets in Deutschland), wurde die Euro-Euphorie in der zweiten März-Hälfte durch die avisierten April-Zölle von Trump etwas gedämpft. Zudem haben die Zinssenkungserwartungen an die EZB zugenommen, und die Stimmungsindikatoren zeigten nur eine verhaltene Verbesserung der Unternehmensstimmung in Euroland. Im Fokus für die weitere Entwicklung des EUR-USD-Wechselkurses steht Trumps Zoll- und Verhandlungspolitik mit der EU. Hierbei sind Risikoszenarien mit spürbaren Wachstumseinbußen für Euroland und die USA nicht vom Tisch, was für erhöhte Volatilität beim Wechselkurs sorgen könnte. In unserem Hauptszenario erwarten wir, dass der Euro mittelfristig infolge eines sinkenden US-Zinsvorsprungs weiter aufwerten wird.
Gold
Der Goldpreis setzte seinen Höhenflug im März ungebremst fort, durchbrach die Marke von 3.000 US-Dollar je Feinunze und markierte bei über 3.100 US-Dollar ein erneutes Allzeithoch. Dabei dürften sowohl die Unsicherheit über die angekündigten US-Zölle der Trump-Regierung als auch mögliche Gegenmaßnahmen insbesondere aus China und der EU eine entscheidende Rolle gespielt haben. Zudem scheint sich die wirtschaftliche Dynamik in den USA zuletzt etwas abgeschwächt zu haben, weshalb erste Marktteilnehmer auf verstärkte Leitzinssenkungen der Fed setzen, wenngleich die US-Zölle inflationär wirken. Diese Entwicklungen haben den erwarteten Realzins sinken lassen, was den Goldpreis stützte. Ebenfalls preisstützend wirkten zeitweise der US-Dollar, sowie die Nettomittelzuflüsse bei physisch gedeckten Gold-ETFs. Damit halten wir an unserer Einschätzung fest, dass der Goldpreis auf absehbare Zeit sehr gut unterstützt bleibt.
Rohöl
Die Rohölpreise drehten im März nach oben und beendeten damit zunächst den seit Jahresanfang anhaltenden Abwärtstrend. Die Verteuerung von Rohöl ist auch vor dem Hintergrund der US-Zollthematik zu sehen. Präsident Trump drohte mit Sekundärzöllen für Länder, die venezolanisches Öl kaufen. Hinzu kam eine weitere Drohung gegenüber Russland, die russischen Ölexporte ebenfalls mit Hilfe von Sekundärzöllen zu behindern, sollte Russland den Waffenstillstand mit der Ukraine ablehnen. Zudem steht eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber dem Iran im Raum. Derweil wird die OPEC+ ab April ihre Ölfördermenge planmäßig um 140 Tausend Fass täglich anheben und damit den ersten Schritt auf dem Weg zur graudellen Rücknahme der freiwilligen Produktionskürzung von insgesamt 2,2 Mio. Fass gehen.
China
Die chinesische Regierung hat zwar wiederholt ihren Willen bekundet, die Konjunktur zu stützen, doch konkrete Maßnahmen gibt es bislang nur vereinzelt. Vor allem für die beiden großen Problembereiche Immobilienmarktkrise und Schwäche des privaten Konsums gibt es bislang keine Ansätze, die eine baldige Besserung versprechen würden. So wird auch 2025 ein positiver Beitrag des Außenhandels nötig sein, um das Wachstumsziel von „rund 5 %“ zu erreichen. Für einen positiven Außenbeitrag spricht vor allem die Schwäche der Importe, die in den ersten zwei Monaten des Jahres um 8,4 % gegenüber dem Vorjahr geschrumpft sind. Die Exportdynamik dürfte in den kommenden Monaten unter den US-Zollanhebungen leiden, doch in den meisten anderen Ländern können die wettbewerbsstarken chinesischen Unternehmen ihre Marktanteile ausbauen.
Emerging Markets: Konjunktur
Die Zollankündigungen der US-Regierung sorgen weltweit für eine Verunsicherung bei den Unternehmen, worunter die Investitionstätigkeit in den kommenden Monaten leiden dürfte. Während der zunehmende US-Protektionismus die Inflationsrisiken in den USA zumindest vorübergehend erhöht, führt er in den meisten anderen Ländern eher zu einer Intensivierung des Preiswettbewerbs und wirkt daher dämpfend auf die Preisentwicklung. Der Trend zu sinkenden Leitzinsen bleibt mit der Ausnahme Brasiliens daher intakt, doch sind die meisten Notenbanken zögerlich, die Geldpolitik schnell zu lockern, weil sie in einem Umfeld erhöhter Unsicherheit Kapitalabflüsse fürchten und der Senkungszyklus bereits weit fortgeschritten ist. Massenproteste in der Türkei und das Ende der Waffenruhe im Gaza-Streifen zeigen, dass die politischen Risiken hoch bleiben.
Emerging Markets: Märkte
Der Euro hat in den vergangenen Wochen gegenüber den meisten Schwellenländerwährungen weiter aufgewertet und damit das Ergebnis von EM-Fremdwährungsanlagen belastet. Innerhalb des MSCI-EM kamen infolge von Kapitalabflüssen vor allem taiwanische Aktien unter Druck. Die Renditen von Lokalwährungsanleihen blieben weitgehend stabil, während bei EM-Hartwährungsanleihen die Risikoaufschläge gestiegen sind. Die Unsicherheit über die Auswirkungen des verstärkten Protektionismus dürfte noch für einige Monate auf der Marktstimmung lasten. Die Aufwertung des Euro dürfte sich fortsetzen, doch nicht mehr mit der Dynamik der vergangenen Wochen. Die Schwellenländer wollen einen Zollkrieg mit den USA vermeiden und nur wenige werden wie China auf den US-Protektionismus mit ernsten Gegenmaßnahmen reagieren, was das Eskalationspotenzial im Handelsstreit beschränkt. Eine Waffenruhe im Krieg in der Ukraine würde die Stimmung an den Märkten stützen, auch wenn fraglich ist, wie tragfähig eine Lösung wäre. Ein Risikofaktor ist die sich abzeichnende Verschärfung des Konflikts zwischen den USA und dem Iran.
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Quelle: Deka
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